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Von Muppets bis Monster: Puppen schreiben Filmgeschichte

Seit Pinocchio ist es kein Geheimnis mehr: Puppen können zum Leben erwachen. Die Geschichte der Filmpuppe ist von stetiger Entwicklung geprägt: von den Muppets bis Jurassic Park und darüber hinaus hat sich das Handwerk stark verändert – und muss sich nun seiner größten Konkurrentin stellen: der Computeranimation, sogenanntem CGI.

Sesamstraße und der Puppen-Boom

Es war die Renaissance des Puppenspiels: ab 1969 hat Die Sesamstraße Hand in Hand mit The Muppet Show in über einhundert Länder der Welt die Fernsehbildschirme erobert. Verantwortlich dafür war Muppet-Schöpfer Jim Henson, der mit unglaublicher Detailliebe seinen Figuren eine Seele einhauchte. Doch Jim Henson setzte damals erst den Startschuss: uns Zuschauern ist zwar bei der Muppet Show glasklar, dass es sich um Handpuppen handelt, aber auch Jedi-Großmeister Yoda aus Star Wars ist eine Puppe. Frank Oz, der Puppenspieler des Krümmelmonsters aus der Sesamstraße hat nämlich auch bei Yoda in The Empire Strikes Back 1980 die Fäden in der Hand gehabt. Elektronische Fäden – zu viert steuerte ein ganzes Team die einzelnen Körperteile von Yoda.

https://www.youtube.com/watch?v=hEinCgoA48E

Spielberg als Puppenmeister

Die Animatronik ist eine Technologie, die ursprünglich von Jahrmärkten kommt: ein Skelett aus Aluminium, Kunststoff oder Stahl wird mit einer ‚Haut‘ ummantelt und in ein Kostüm gesteckt. Sogar Gesichtsmuskulatur kann dabei detailreich simuliert werden. Das Ergebnis ist täuschend echt: in Wien ist im Naturhistorischen Museum ein animatronischer Dinosaurier zu bewundern, der nach den Kindern schnappt – ein Dinosaurier wie bei Jurassic Park! Denn genau so ein Monster hat sich Steven Spielberg für seinen Dino-Film 1993 in Lebensgröße anfertigen lassen. Der gigantische Tyrannosaurus Rex aus der Dino-Szene ist nicht am Computer entstanden, er ist „echt“.

https://youtu.be/WSM8GcShChk?t=77

Der weiße Hai

Mit technisch ausgereiften Puppen hatte Spielberg bereits seit 1975 zu tun: Der weiße Hai aus dem gleichnamigen Film ist ebenfalls eine animatronische Puppe. Und der Film hat Wellen geschlagen: gemeinsam mit Star Wars A New Hope, der zwei Jahre später herausgekommen ist, hat der Horror-Streifen die große Zeit der Blockbuster eingeläutet. 1982 nutzt Spielberg seine Erfahrung mit Puppen erneut und entwirft mit E.T. – Der Außerirdische seinen nächsten Publikumserfolg mit Puppenbesetzung. Der weiße Hai in Action:

https://www.youtube.com/watch?v=FpxOLhuNXfM

Die Ära des CGI

Doch die goldene Zeit der Animatronik ist – fast – vorbei. In den 1980er und 1990er Jahren waren große Kinomonster nur als mechanische Puppen täuschend echt. Godzilla, Der weiße Hai und Alien, Titelmonster wie diese sind allesamt erschreckend real durch die Kinosäle  gestampft und geschwommen. Doch heutzutage muss die Industrie mit der Zeit gehen: Zuschauer fordern die schwindelerregenden Effekte der Computeranimation. Die großen Puppenmeister, die für Star Wars gearbeitet haben, tun dies so zwar immer noch: sie helfen nun jedoch dabei, die Computeranimationen abzustimmen.

Team America und Thunderbirds

Aber keine Angst: Menschen haben die Angewohnheit, nie wirklich mit alten Bräuchen abzuschließen. Zwar werden Puppen nicht mehr im Rampenlicht stehen wie bei Jurassic Park, als Kunsthandwerker werden die Puppenmeister jedoch niemals ganz aus dem Geschäft kommen. So ist 2004 der Film Team America: World Police in den Kinos gelaufen. Mit ausschließlich Marionetten in den Hauptrollen machen sich die Macher von South Park hier über die aggressive amerikanische Außenpolitik lustigzwei Jahre nach den Anschlägen von 9/11. Die Puppen erinnern dabei stark an die beliebte Serie Thunderbirds aus den 1960er Jahren. Zuletzt erschienen 2019 außerdem Puppen-Sendungen wie Der Dunkle Kristall: Ära des Widerstands.

https://www.youtube.com/watch?v=wXQnMfLPbGg

Der wasserscheue Hai …

Dass auch bei den ganz Großen oft was schief läuft, zeigen die technischen Probleme von Herrn Spielberg: Sein animatronischer Weißer Hai konnte nämlich nicht schwimmen. Und nicht nur das: er mochte auch kein Wasser. Im Meer irritierte das Salzwasser die Elektronik und der Hai gab andauernd den Geist auf – die Dreharbeiten wurden zum Lottospiel. Mal funktionierte der Hai, mal nicht, einmal sank er und der Dreh musste um Tage verschoben werden. Spielbergs Anwalt sah schwarz: Egal wieviel Geld noch in den Hai gesteckt würde, es werde nicht funktionieren. Doch Spielberg reduzierte die Kameraauftritte des Monsters einfach. Und der Hai bekam seinen berühmten Namen Bruce – nach Spielbergs Anwalt Bruce Raynor. Ein Name, der in Findet Nemo wieder auftaucht: ihr erinnert euch bestimmt an den „Fische sind Freunde“-Hai?

https://www.youtube.com/watch?v=XWuPGKLJXe8